(dmb) Der Deutsche Mieterbund (DMB) fordert im Zuge der Ausrufung der Alarmstufe des Gas-Notfallplans umfangreiche Maßnahmen, um Mieterinnen und Mieter vor dem Verlust ihrer Wohnungen zu schützen. „Wir stehen kurz vor einer Zäsur, schon im Juli könnten über den Preisanpassungsmechanismus die Gasrechnungen von mehr als 20 Mio. Mietern von jetzt auf gleich explodieren und die Bundesregierung hat bisher keine nennenswerte Maßnahme erlassen, um Mieterinnen und Mieter vor dem Verlust ihrer Wohnung zu schützen“, kritisiert die Bundesdirektorin des Deutschen Mieterbundes, Dr. Melanie Weber-Moritz, die aktuellen Entwicklungen bezüglich des Gas-Notfallplans.
Die Mehrheit der Mieterinnen und Mieter bezieht Gas als Heizenergie und wäre von den Tariferhöhungen direkt betroffen – entweder über eine sofortige Vertragsanpassung bei Gas-Etagenheizungen oder im Rahmen der Nebenkostenabrechnung durch erhöhte Voraus- bzw. Nachzahlungen an den Vermieter. Mieterinnen und Mietern steht jetzt schon eine Verdopplung ihrer Gasrechnung für 2023 bevor, die Folgen einer sofortigen Marktpreisanpassung unabhängig von der Art des Vertrages (Langzeit, Preisgarantie) und über mehrere Monate hinweg sind unabsehbar und müssen rechtlich geregelt und sozial abgefedert werden: „Es darf niemand seine Wohnung verlieren, wenn die Kosten der Preisanpassung nicht sofort geschultert oder die Nachzahlungen nicht innerhalb von 30 Tagen beglichen werden können. Auch muss der Gesetzgeber sicherstellen, dass die im Zuge der Preisanpassungsklausel weitergegebenen Kosten staatlich reguliert werden, da ansonsten soziale Verwerfungen drohen. Ein zusätzliches Entlastungspaket sollte dabei insbesondere die von ihren Wohnkosten überlasteten Mieterinnen und Mieter adressieren, wozu rund die Hälfte aller Mieterhaushalte in deutschen Städten gehören“, fordert Weber-Moritz.
Der Deutsche Mieterbund pocht daher in einem heute veröffentlichten 9-Punkte-Plan auf mehr Rechtssicherheit und Entlastungen für Mieterinnen und Mieter. Dringend benötigt wird ein Kündigungsmoratorium, das sicherstellt, dass niemand gekündigt werden darf, der wegen stark gestiegener Heizkosten seine Nebenkostenabrechnung oder hohe Preisanpassungen nicht fristgerecht bezahlen kann. Explodierende Marktpreise dürfen nicht 1:1 an Mieterinnen und Mieter weitergegeben werden. Durch einen Gaspreisdeckel, der Preiserhöhungen nur bis zu einem bestimmten Punkt zulässt, kann gesetzgeberisch ausgeschlossen werden, dass die Endkundenpreise ins Unermessliche steigen. Mieterinnen und Mieter, die die hohen Energiekosten nicht mehr aus eigener Kraft zahlen können, brauchen zumindest für die Dauer der Energiekrise staatliche Unterstützung in Form von dauerhaften Heizkostenzuschüssen. Denn in der untersten Einkommensklasse bezieht nur gut die Hälfte der Haushalte Sozialtransfers. Zudem muss das Wohngeld reformiert und die Berechnung des Wohngeldes an den realen Kosten der Betroffenen ausgerichtet sowie der CO2-Preis im Mietwohnsektor ausgesetzt werden.
Auch Vermieterinnen und Vermieter müssen viel stärker als bisher in die Pflicht genommen werden: „Es kann nicht sein, dass wir in Deutschland als Antwort auf die Gaspreisexplosion nur von kalten Duschen und heruntergedrehten Heizungen der Mieterinnen und Mieter sprechen. Wir erwarten von der Ampel-Koalition deutlich mehr soziale Gerechtigkeit bei der Aufteilung der Lasten“, kritisiert Weber-Moritz. So fordert der DMB endlich Vermieterinnen und Vermieter zu Effizienzmaßnahmen wie der Optimierung der Heizanlage gesetzlich zu verpflichten, wodurch effektiv und schnell 15 % bis 20 % Energie eingespart werden können. Mieterinnen und Mieter müssen zudem vor weiter steigenden (Kalt-)Mieten geschützt werden, da die Belastungsgrenze bei den Wohnkosten für viele Haushalte bereits überschritten ist. Um Mieterhaushalte nicht noch weiter finanziell zu überfordern, müssen Mieterhöhungen in bestehenden Mietverhältnissen differenziert nach Wohnungsmärkten für 6 Jahre stärker begrenzt, Mietwucher bestraft, die Mietpreisbremse verschärft und deutlich mehr Sozialwohnungen gebaut werden.
Den 9-Punkte-Plan gegen die Gaspreisexplosion: